2015: Vorabendserie "Unter Gaunern"

Am 27. Januar 2015 startet im Ersten eine Serie über eine Familie mit Verantwortungsgefühl, starkem Zusammenhalt, rechtschaffenden Prinzipien und Moral.

Preview zur neuen ARD-Vorabendserie "Unter Gaunern"
Die Familie Schulz: Jette (Julia Jäger), Bruno (Jophi Ries), Betty (Cristina do Rego), Frans (Peter Franke) und Robbie (Moritz von Zeddelmann). Bild: Radio Bremen | Martin von Minden

Das passt doch hervorragend zum Sendeplatz, dem ja ein wenig das Heile-Welt-Image anhaftet. Also eigentlich nichts Besonderes, doch hier ist der Fall ein wenig anders gelagert: die Familie ist nicht ganz so harmlos und unbefleckt wie es zunächst klingt – die Schulzens sind ein Verbrecher-Clan, oder besser eher eine Gaunerfamilie, schließlich gilt das Hochzeitsversprechen "keine Drogen, keine Waffen". An diesem Leitsatz entlang gaunern sich die Schulzens durch Bremens Unterwelt.

Verbrecher-Clan oder Gaunerfamilie

Und das schon seit Generationen – von den Ursprüngen als Raubritter bis zur heutigen Zeit: Opa Frans (Peter Franke) war schon in den 70ern und 80ern berühmt-berüchtigte Szenegröße des Bremer "Milieus", hat seine Führung über die Familie allerdings mittlerweile an seinen Sohn Bruno (Jophi Ries) abgegeben. Nun arbeitet er oft in seinem, "Baustelle" genannten, Stockwerk des Familienhauses (Spitzname Alcatraz) an einer zweiten Karriere als Kunstfälscher, kopiert hau(p)tsächlich die nackten Selbstbildnisse von Paula Modersohn-Becker.

Bruno wiederum kümmert sich zusammen mit seiner Frau Jette (Julia Jäger) um das legale Tagesgeschäft, die familieneigene Import/Export-Firma, und darum, die Familie beisammen zu halten. Sorgen um die Zukunft des Unterwelt-Kleinimperiums muss er sich nicht machen, denn mit Sohn Robbie (Moritz von Zeddelmann) steht ein passender Nachfolger nicht nur schon in den Startlöchern, er wird auch bereits angelernt und macht gemeinsame Sache mit "Vaddern". Allerdings lässt sich der Casanova doch immer wieder gerne von der holden Weiblichkeit ablenken und sorgt so für die ein oder andere spontan notwendige Änderung des ausgekungelten Plans. Auch das Haustier der Schulzens, der Rabe Sheriff, bringt sich prima in das Familienbusiness ein und klaut alles, was glänzt und schimmert.

Und dann ist da noch Betty (Cristina Do Rego). Sie ist zwar auch eine Schulz, aber nach Ansicht ihrer Familie viel zu lieb für die Gaunerei, außerdem kann sie nicht lügen. Sollte man meinen. Doch Betty ist heimlich Polizistin, nicht wegen, sondern trotz der Machenschaften der Ihren. Mit ihrem Gerechtigkeitssinn und dem Motto "eine gute Tat am Tag" möchte sie das familiäre Karma etwas aufpolieren. Da die Schulzens aber nichts von der Berufswahl ihrer Tochter erfahren dürfen (Herzinfarktgefahr!), hält Betty ihr zweites Leben geheim – das ist genauso schwierig wie es klingt und gelingt auch nur durch die Hilfe ihrer besten Freundin Carmen (Kaya Marie Möller), die auch schon mal einen Terroranschlag erfindet, um Betty vor der unmittelbar bevorstehenden Enttarnung zu retten.

"Gefährliches" Doppelleben

So muss Betty sich zwischen der Polizeiarbeit als frischgebackene Kommissarin unter ihrer Vorgesetzten, der berüchtigt bärbeißigen Ida Wolff (Barbara-Magdalena Ahren) und dem Familienalltag, der ihrer Berufswahl diametral widerspricht hin- und her manövrieren, wobei sich nicht selten die Handlungsstränge gefährlich annähern, Betty allerdings auch Infos aus ihrem eigenen Leben im anderen nutzen kann.

Der zwischen-den-Stühlen-Ansatz des Drehbuches, dass den Zuschauer*innen in jeder Folge ausreichend Mitzitter-Faktor bietet, ob Bettys Doppelleben nun doch auffliegt oder nicht, die mit einer ordentlichen Prise lakonisch-trockenem Bremer Humor gewürzten Dialoge sowie die herrlich unperfekten Charaktere bieten eine reichhaltige Auswahl an Anknüpfungspunkten, um sich am Vorabend ganz aus dem Alltagsrummel aufs Sofa zurückzuziehen und voll in die Welt der Schulzens einzutauchen.

Positive Kritikerstimmen

Presse und Kritikstimmen sind voll des Lobes über die von Christian Jeltsch als Drehbuchautor, Sophie Allet-Coche als Regisseurin und Annette Strelow als Redakteurin verantwortete Serie. Bisweilen werden sogar Vergleiche zu Vorabendklassikern wie "Türkisch für Anfänger" und "Berlin, Berlin" gezogen. Der dramaturgische Wagemut, spritzige, politisch inkorrekte, aber auch lebensnahe Dialoge, Witz und ganz viel Drive sowie ein vielschichtiger Plot wird von der Stuttgarter Zeitung gelobt. Man könne den Stolz der Macher auf die Serie nachvollziehen, heißt es etwa in der Süddeutschen Zeitung, der Spaß, den alle Beteiligten bei der Arbeit hatten, übertrage sich auf die Zuschauer*innen.

Auch die Beteiligten selbst sind voll des Lobes über Serie:

"Eine Verbrecherfamilie als Serie. Mit großartigen Kollegen. Habe selten so viel gelacht. Ein Gauner, der seine Familie zusammenhält, anständig ist, und nur Böses tut. Ein Geschenk, so etwas spielen zu können." Jophi Ries (Bruno Schulz) über die Arbeit an "Unter Gaunern".

Ähnlich drückt sich Cristina do Rego (Betty Schulz) aus, die den Facettenreichtum ihrer Rolle als besonders beschreibt und findet, dass die Serie und ihre Figuren generationsübergreifend das Publikum mitreißen und berühren. Auch Julia Jäger (Jette Schulz) ist begeistert vom innovativen Drehbuch und Schauspielkollegium. Nach Abschluss der Dreharbeiten resümiert sie voll des Lobes über den Witz des Skriptes und die besondere Chemie mit den Drehpartner und -partnerinnen.

Ob Betty es durch die Geschichte geschafft hat, ihr Geheimnis vor ihrer Familie zu bewahren? Tja, nach der 8. Episode sind wir schlauer...

"Unter Gaunern" lief von Januar bis März 2015 im Vorabendprogramm der ARD. Die Serie kam beim Fernsehpublikum gut an, aber nicht gut genug für eine Fortsetzung. Nach der ersten Staffel war Schluss mit den Schulzens.