1990: Konzertreihe "Auf schwarzen und weißen Tasten"

Als die deutsche Pianistin Heidrun Holtmann 1990 im Sendesaal von Radio Bremen das erste Konzert der Reihe "Auf schwarzen und weißen Tasten" spielt, denkt wohl niemand daran, dass es dieses kleine Klavierfestival Jahrzehnte später immer noch geben wird.

Ein Flügel auf der Bühne im Sendesaal Bremen.
Der Sendesaal Bremen mit seiner einmaligen Atmoshäre Bild: dpa | Carmen Jaspersen

Die Idee zu diesen Klavierabenden hat Peter Schilbach, Musikredakteur bei Radio Bremen, Klavierfan und versierter Pianist. Von 1990 bis 1997 betreut er die Konzerte, macht den Sendesaal zu einem Treffpunkt der internationalen Klavierszene. Künstler wie Evgeni Koroliov, Lars Vogt, Cécile Ousset, Yaara Tal und Andreas Groethuysen oder das GrauSchumacher Piano Duo sind in den "frühen Jahren" der Konzertreihe zu Gast in Bremen.

Nach dem Abschied von Peter Schilbach macht die Reihe eine Pause von gut zwei Jahren. Am 22. Mai 1999 geht es dann weiter mit einem Sonderkonzert des kanadischen Pianisten Marc-André Hamelin, der später einer der besten und gefragtesten Klavierkünstler der Welt sein wird. Hamelins spektakulärer Klavierabend ist ein absolutes Highlight in der Geschichte der Konzertreihe und markiert den Start in die nächste Phase der "schwarzen und weißen Tasten".

Konzertreihe sorgt für Festivalstimmung

Nachdem die Konzerte der Reihe anfangs über einen Zeitraum von mehreren Wochen verteilt sind, werden sie nun als "Mini-Festival" mit drei Klavierabenden innerhalb einer Woche durchgeführt. Diese Form bewährt sich, gut die Hälfte der Gäste besucht alle drei Konzerte, und innerhalb von acht Tagen kann eine echte Festival-Stimmung entstehen. Für viele Klavierfans im Sendesaal ist es besonders reizvoll, die Interpreten, ihre Konzerte und Programme zu vergleichen und die musikalischen Erlebnisse im Verlauf der Woche mit anderen Besuchern zu diskutieren.

Die Klavierabende der "schwarzen und weißen Tasten" präsentieren Interpreten und Programme abseits vom Mainstream. Nie werden hier "Konzerte von der Stange" angeboten, sondern Künstlern und Veranstalter ist es wichtig, auch Stücke vorzustellen, die sonst selten gespielt werden. So erleben etliche Klavierwerke, z.B. von Charles-Valentin Alkan, Nikolai Medtner, Leopold Godowsky, Nikolai Kapustin oder York Bowen ihre Bremer Erstaufführung bei den Konzerten im Sendesaal. Oft sind solche Programme herausfordernd für Pianist und Publikum, doch die Konzentration und Bereitschaft zum genauen Hinhören sind im Sendesaal immer wieder beeindruckend. Fast alle Künstler*innen der Reihe berichten übereinstimmend von der enormen Stille und Aufmerksamkeit des Bremer Publikums, das im akustisch fabelhaften Saal besonders gut zuzuhören scheint.

Der Sendesaal in den Fünfzigerjahren
Der Sendesaal hat durch seine Konstruktion eine einmalige Akustik.1953. Bild: Radio Bremen

Weltweiter Programmaustausch

Überhaupt der Sendesaal: Nur wenige Konzertorte in Europa sind so perfekt geeignet für Klavierabende wie der 1952 erbaute Sendesaal Bremen. Nach einigen Minuten Einspielzeit fühlen sich die Pianisten hier zu Hause, und alle sind ausnahmslos begeistert von der einmaligen Akustik des Raums. Von jedem Platz können auch die Besucher der Konzerte gleich gut hören – man ist "nah dran" an den Künstlern, und doch kann sich der Klavierklang im Sendesaal wunderbar entfalten. Zusammen mit der großzügigen Bühne ergibt das eine ideale Mischung von Intimität und Distanz im Konzert.

Auch für die Mitschnitte der Konzerte, die zeitversetzt im Programm von Bremen Zwei gesendet werden, sind das beste Bedingungen. Nicht zuletzt diese Mitschnitte machen die Reihe "Auf schwarzen und weißen Tasten" auch international bekannt, denn über den weltweiten Programmaustausch der Rundfunkanstalten können die Konzerte in ganz Europa und auch in Japan, den USA oder Australien gehört werden.

Autor: Wilfried Schäper