Bremer Fernsehpreis

Die Geschichte des Fernsehpreises

Radio Bremen verleiht den Fernsehpreis seit 1974. Rückblickend ein ungewöhnlicher Ort für eine solche Auszeichnung. Hatte Bremen doch erst sechs Jahre später überhaupt ein eigenes Regionalprogramm. Rang der Preis in den Anfangsjahren noch um Anerkennung unter Fernsehmachern, stieg er mit der Zeit zur maßgeblichen Auszeichnung für regionale Fernsehprogramme auf.

Der bremer Fernsehpreis.
Bild: Radio Bremen

Viele namhafte Journalisten unter den Preisträgern

"Gitterblicke", "Seltsame Polizeimethoden", "Bananenwahlkreis", "Volkszähler im Bordell-Viertel", "Verstecke Kamera – Schwarzer Mann, weißer Mann" – schon die Titel lassen erahnen: Das Regionalfernsehen hat in den vergangenen 40 Jahren viel Kurioses, Aufwühlendes, Ärgerliches oder einfach Schönes in die Wohnzimmer gebracht. Und das oft tagtäglich mal ganz ungeschminkt, mal bewusst komplett überzeichnet.

In Bremen wurden über die Zeit viele namhafte Journalisten ausgezeichnet. Einige sind es danach erst geworden. Für sie war der Fernsehpreis erst der Anfang einer ganzen Reihe von Auszeichnungen wie beim heutigen Jury-Vorsitzenden Frank Plasberg. Er nahm zusammen mit Christine Westermann in Bremen seine erste Auszeichnung 1989 für ein Studiogespräch zum Gladbecker Geiseldrama entgegen.

Herausforderungen im regionalen Programm

Als "hochrangige journalistische Herausforderung" bezeichnete der frühere Radio-Bremen-Intendant Karl-Heinz Klostermeier die regionale Berichterstattung im Vorwort der Chronik zum 20. Geburtstag. Das immer gleiche, wiederkehrende Thema steht an. Wie kann der Reporter es dem Zuschauer trotzdem schmackhaft machen? Aus einem neuen Blickwinkel erzählen? Mit den richtigen Bildern zeigen und interessanten Protagonisten bereichern? Regionalprogramm fordert vom Journalisten vor jeder Sendung aufs Neue: Etwas aus dem Alltag der Menschen zeigen, aber doch bitte nicht alltäglich.

So stellte der Süddeutsche Rundfunk (heute Südwestrundfunk) 1978 zum Beispiel mit dem Kurzbeitrag "Juli – Bilder von einem Monat" unter Beweis, dass "Bilder mehr als Beweise und Belege sind", wie die Jury in ihrer Entscheidung begründete. Auch "Ein Samstag in Leipzig" ist vielleicht nicht preisverdächtig, doch der Beitrag des Westdeutschen Rundfunks darüber traf bei der Jury 1990 genau ins Schwarze. Ein Jahr später "begrüßte" ein WDR-Landesstudio die weiße Pracht in "Der erste Schnee in Dortmund." laut Jury mal "höchst amüsant und selbstironisch" und verschaffte auch noch  so ganz nebenbei dem "Außenstehenden einen informativen Einblick in die Arbeitsbedingungen des Lokaljournalisten".

Werkstattgespräche spiegeln Wandel im Regionalfernsehen wider

Rainer Maria Tauber
Werkstattgespräch mit Rainer M. Tauber. Bild: Radio Bremen | Martin von Minden

Die von Klostermeier angesprochenen Herausforderungen an die Regionalsender befinden sich seit jeher im Wandel und stellten die Redaktionen vor immer neue Hürden und Aufgaben. Das spiegelte sich vor allem in den Themen der Werkstattgespräche wider. Vor der Verleihung diskutieren Journalisten traditionell in Bremen über Medienrelevantes, Trends und Entwicklungen:

In den ersten Jahren standen Produktionsbedingungen im Regionalen und Aufgaben der Landesanstalten sowie Themen wie Bürgernähe im Fokus. 1984 gingen "Die Privaten" auf Sendung. Da kam die neue Konkurrenz natürlich beim Treffen in der Hansestadt zur Sprache. Kurz darauf sorgten die "Krisen der Fernsehprogramme" (1988) und die "Harmonisierung des Vorabendprogramms" für Sorge und Diskussionsstoff beim Werkstattgespräch.

Comeback nach zehnjährigem "Dornröschenschlaf"

Seite aus "Nachbar Fernsehen - Fernsehnachbar" mit Senderlogos der ARD aus dem Jahre 1974
Senderlogos der ARD aus dem Jahre 1974. Bild: Radio Bremen

Letzteres Thema hat wenig mit "Harmonie" zu tun: War das Vorabendangebot in der ARD bis 1992 noch in Einzelprogramme aufgeteilt, gab es fortan ein "harmonisiertes" Programm "vor 8" mit bundesweit einheitlichem Schema und Werbung. Die Regionalsendungen wanderten nach und nach ins "Dritte". "Journalismus stört das Programm . Was für ein aberwitziger Befund!", kritisierten  Peter Werner (Bayerischer Rundfunk) und Michael Geyer, damals Chefredakteur Fernsehen und einer der "Väter" des Radio-Bremen-Regionalmagmazins buten un binnen, noch im Jahr 1991 die Entscheidung. Mit der Verdrängung des Regionalfernsehens in die Dritten Programme fiel wohl auch der Preis ab 1998 in einen zehnjährigen "Dornröschenschlaf".

2008 feierte die Veranstaltung dann ein gelungenes Comeback mit altbewährtem Ablauf, aber neuer Jury und vor allem einer neuen Kategorie: Innovationen. Dafür gehen nicht nur oft besonders viele Bewerbungen ein, Trends und Experimente im Regionalprogramm gehören auch fest zum Werkstattgespräch. Redaktionen berichten einander von Erfahrungen mit neuer Technik, diskutieren Arbeitsweisen und Grenzen als Journalisten in Zeiten von Crossmedia und Sozialen Netzwerken. Die Veranstaltung hat sich so wieder zum beliebten Branchentreff gemausert.